Die erste Begegnung im Februar 1996
Ich kann das Gefühl kaum beschreiben, als ich am 15. Februar 1996 mit der Reisegruppe der Reisezeit mit Nachtflug aus Ägypten kommend und in Nairobi der Hauptstadt Kenias gelandet, die Ortschaft Namanga, die Grenze von Kenia nach Tansania passierte. Noch lagen ca. 3 Stunden Fahrt mit dem Kleinbus nach Arusha vor uns. Bei der 1. Rast kurz hinter der Grenze, über 30°C, gleißendes Sonnenlicht, erblicke ich zum 1. Mal den Kilimanjaro. Ahnlich dem neben stehenden Bild, auf 4.000 m Höhe, in der „Steinwüste“ zwischen dem Kili und dem Mt. Mawenzi, ein imposanter Anblick des Vulkanriesen. Es kam mir und den anderen vor, wie eine „Fata Morgana“, ein Trugbild, die schneebedeckte Kuppe dieses mächtigen Vulkans wahr zu nehmen. Was dachte ich? Da wollen wir in wenigen Tagen hinauf. Große Skepsis machte sich bei mir breit. Die Beine schmerzten noch von dem gerade am Vortag in Luxor absolvierten 3. Ägypten-Marathon.
Noch ahnte ich nicht, was für eine engere Beziehung, zu diesem Land, seinen Menschen sich daraus entwickeln sollte.
Wir beziehen unsere Mountain Village Lodge in Tengeru am malerischen See Duluti, ca. 13 km von Arusha entfernt, an der Verbindungsstrasse nach Moshi.
Neugierig auf Land und Leute, begab ich mich kurz nach der Ankunft, auf einen kurzen Entdeckungstrip mit, meinem leider viel zu früh verstorbenen Freund, Georg Maeth aus Teterow. Vor unserer Lodge begegneten wir einer Frau in ihrem farbenprächtigen Khanga, die gerade vom Markt in Richtung des Dorfes Tengeru ging.
Anne MshanaAnne Mshana, von Beruf Lehrerin, sprach uns an und wir unterhielten uns angeregt. Wir folgten ihrer Einladung zum Tee und gingen gemeinsam zu ihrem ca. 1 km entfernten Haus im Dorf Tengeru. Nach Rückkehr von der Kilimanjaro-Tour sollten wir unbedingt zum Abendessen kommen und wir folgten dieser Bitte sehr gerne. Wir lernten die ganze Familie kennen:Ihren Mann Patrick, Lehrer an der Landwirtschaftsschule in Tengeru, ihre Jungs Baraka, Elias, Emanuel und die Töchter Naka und Haika.
6 Jahre gingen Briefe hin und her. Inzwischen geht alles auch über E-Mails viel schneller. Neugierig durch meine Erzählungen, haben Freunde mich inspiriert, ihnen dieses interessante Land zu zeigen.
Die zweite Begegnung im Januar 2002
Durch meine Erzählungen von diesem wundervollen Land und durch Freunde inspiriert, habe ich nun begonnen, in eigener Regie Reisen zu organisieren. Und die erste selbst organisierte Reise führte mich nun wieder nach Tansania.
Ich konnte meine Freunde Rene Stammnitz (Berlin), Manfred Scharping (Berlin), Dr. Jürgen Rogge und Karin Rogge (Lübzow), Dr. Klaus Hermann, Wolf Hermann (Lindenfels/Odenwald) und Knut Scharf (Suhl) begeistern, dieses Land kennen zu lernen.
Im Januar 2002 war es soweit und vom 11. bis 27. Januar ging es über Addis Abeba nach zum Kilimanjaro. Ein interessantes Programm wartete auf uns: 15 Tage voll gepackt und gespickt mit interessanten Erlebnissen und Eindrücken. Zum 2. Mal auf den Kili. Die Akklimatisationstour. Auf den Mt. Meru und die Safari zum Lake Manyara und zum Ngrongoro Krater.
Viele Fragen hatte ich:
Wie haben sich Land und Menschen seit 1996 verändert?
Wie werde ich diesmal und die anderen die Gipfelbesteigungen des Mount Meru (4.566 m) und des Kilimanjaro (5.897 m) verkraften?
Mit doch etwas gemischten Gefühlen begegnete ich wieder der Familie Mshana. Mit offenen Armen wurde wir empfangen. Überwältigt von der Herzlichkeit und den Blick für die realen Probleme der Menschen immer im Auge, versprach ich bald wieder zu kommen.
Die dritte Begegnung im Februar/März 2004 – Das Projekt beginnt
Im Februar/März 2004 war es wieder endlich soweit und diesmal sollte mein Besuch einen besonderen Höhepunkt erfahren.
Mit meinen Freunden Horst und Anneliese Niemann (Neubrandenburg), Thorsten Rosenau, Ute Kus und Ingo Materne (Cottbus) und Heidi und Erhard Weiss (Unterfranken) zum 3. Mal auf den Kili und zum 2. Mal auf den mt. Meru. Während die anderen 3 Tage auf Safari gingen, wohnte ich als Gast bei der Familie Mshana im Dorf Tengeru.
Ich hatte viel Zeit das Dorfleben zu studieren und die Umgebung zu erkunden. Das Dorf am Rande der „Tansanit Berge“ gelegen, mit einem imposanten Blick auf den Gipfel des Mt. Meru vermittelt den Eindruck eines regen geschäftigen Treibens eines afrikanischen Dorfes. Ständig begegneten mir Menschen die größtenteils zu Fuß, unterwegs zu den Märkten waren, um ihre Waren zu verkaufen und um das tägliche Essen für die Familie zu sichern.
Familie Mshana im Dorf TengeruIm März 2004 habe ich einige Tage als Gast der Familie Mshana im Dorf Tengeru gelebt und Anne zeigte mir ihre Nursery Schule (Vorschule) in Nambala, ca, 2 km entfernt, in der Sie mit zwei weiteren Lehrerinnen und ihrem Director Ally Makumbo, ca. 80 Kinder im Vorschulalter (4-7 Jahre) unterrichtet.
Das bestehende Schulgebäude wurde 1983 mit Hilfe von amerikanischen Missionaren errichtet und es gab den dringenden Bedarf ein neues Schulgebäude zu bauen, um möglichst viele Kinder der Dörfer Tengeru, Nambala und Nganana aufzunehmen und ihnen eine Schulbildung zu ermöglichen. Ich wurde gefragt, ob wir helfen könnten. Ich sagte, dass ich dazu eine Zeichnung, mit den Kosten benötige.
Die ganze Gruppe wurde am letzten Tag unseres Aufenthaltes, am 07. März, zu einem Essen in das Haus der Familie Mshana eingeladen. Unser Erstaunen war groß, das Anne uns eine technische Zeichnung mit einem Kostenplan zum Bau des Schulgebäudes übergab. Das das innerhalb weniger Tage erstellt wurde, ist für „afrikanische Verhältnisse“ doch ungewöhnlich. Das hat uns aber gezeigt, welche Hoffnung und Überzeugung damit verbunden war, die Hilfe zu organisieren und Geld in Germany für das Schulgebäude zu sammeln.
Mein Freund Horst Niemann sagte zu mir, „ Das bekommen wir hin.“ Das gesammelte Geld sollte dazu dienen, ein kleineres zweites Gebäude zu bauen und auch die Versorgung mit Essen wesentlich zu verbessern. Ca. 2.700 € waren hierzu notwendig.
Nun stand die Frage, wie gehen wir an die Sammlung Sammlung von Spenden heran? Welche Spendenorganisation ist bereit uns unbürokratisch zu unterstützen ? Eine gute Freundin gab mir den Hinweis, sich an das katholische Hilfswerk MISEREOR zu wenden. Ich nahm Kontakt zu MISEREOR in Aachen auf. Ich erläuterte mein Anliegen und problemlos wurde uns mit Einrichtung eines Spendenkontos geholfen.
Die vierte Begegnung im Oktober 2005
In 1 ½ Jahren, bis Oktober 2005 haben wir ca. 3.500 € zusammen gebracht. Mehr Geld als erwartet und wir haben uns entschieden, anstatt für die Essenversorgung dafür ein komplett neues Schulgebäude zu bauen. Das alte Schulgebäude wurde zur Esseneinnahme umfunktioniert.
Auch Kindersachen, Kinderschuhe, Schulmaterial und Kinder-Rucksäcke wurden gesammelt und werden auch weiterhin benötigt. Viele Freunde und Bekannte haben hierzu beigetragen. Der Schulweg für die Kinder kann schon mal an die 5 km betragen und ist zu Fuß zurück zu legen.
Ohne die Hilfe des katholischen Hilfswerks MISEREOR mit Hauptsitz in Aachen, wäre es nicht möglich gewesen, diese Spenden zu sammeln und die Aktion weiter zu führen.
Wir haben gemeinsam entschieden, da mehr Geld vorhanden, dieses Gebäude größer, als komplett neues Unterrichtsgebäude zu bauen. Von Mai bis September 2005 wurde das Schulgebäudevon den Arbeitern der Vereinigung CAMARTEC errichtet und am 09.10.2005 in meinem Beisein mit einer Feierstunde übergeben.
Wir haben auch den Menschen dieser Region Arbeit gegeben und wenn man bedenkt, das dieses Schulgebäude von 110 m² Grundfläche 3.500 € und nur 500 € an Arbeitslohn gekostet hat, dann kann uns das schon Stolz machen. Und 2005 habe ich wieder Tansania besucht, 3 x inzwischen den Kilimanjaro und Mt. Meru bestiegen und 20 meiner Freunde haben auch die Gastfreundschaft der Familie Mshana kennen und schätzen gelernt.
Für alle erbrachten Leistungen wurden uns Quittungen vorgelegt. Nicht ein Cent ist irgendwo zweckentfremdet verwendet worden. Jeder der mit einer Geld- oder Sachspende geholfen hat, wurde in den Dankesreden erwähnt und in einem Videofilm dokumentiert.
Während meine 4 Freunde auf der 6 Tage-Tour, den Kilimanjaro bestiegen haben, nutzte ich die Zeit, um als Gast von Anne und Patrick Mshana wieder mehr über das dörfliche Leben kennen zu lernen. Ich besuchte die Primary School (Grundschule) in Nambala und lernte die Arbeitsbedingungen der Lehrer und Schüler kennen. Sie liegt ca. 1km von der Nursery School (Vorschuleinrichtung) entfernt.
An der Grund- und Sekundarschule und den beiden Vorschuleinrichtungen, die 2. Nursery School liegt in unmittelbarer Nähe der Grundschule, werden insgesamt 1500 Kinder unterrichtet. 4-7 Jahre in der Vorschuleinrichtung, 7-12 Jahre an der Grundschule und 12-18 Jahre an der Sekundarschule.
Ich wurde mit viel Freundlichkeit und Dankbarkeit empfangen. Die Augen der Kinder leuchteten vor Neugier und beim verteilen von Süßigkeiten wurden wir fast überrannt. Was auffällt ist der Respekt und die Achtung der Kinder vor den Erwachsenen im Allgemeinen und den Lehrern im Besonderen. Die Erziehung der älteren Kinder zur Verantwortung gegenüber den Jüngeren, vor allem zu ihren Geschwistern, fällt auf und ist im täglichen Leben spürbar.
Es ist schon ein großer Fortschritt für ein afrikanisches Land wie Tansania, das es in für die Kinder nahezu flächendeckend möglich ist, die Schule zu besuchen. Die Regierung Tansanias hat ja sogar die Schulpflicht eingeführt und unter Androhung von Gefängnisstrafe müssen Eltern ihre Kinder zur Schule schicken. Hier genügt es jedoch, wenn das Kind nur ein Jahr die Schule besucht. Man muss wissen, das die Bildung für die Eltern kostenpflichtig ist und viele nur unter großen Mühen, das Schulgeld aufbringen können. Qualifizierte Bildung kostet nun mal und die Lehrer müssen ja auch bezahlt werden. Das Durchschnittsverdienst eines Lehrers beträgt nur 60 USD im Monat. So kommt es, dass viele Kinder, gerade aus kinderreichen Familien gerade mal nur ein Jahr zur Schule gehen können und dann den Familien auf dem Feld, bei der Beschaffung des täglichen Essens, helfen müssen. Besonders hart betroffen sind Waisenkinder, denen es so kaum möglich ist die Schule zu besuchen. Es ist nicht verwunderlich wenn Kinder/Jugendliche im Alter von bis zu 14/15 Jahre immer noch in der Primary School (Grundschule) zum Unterricht gehen und erst die 2. oder 3. Klasse absolvieren. So kann die Mehrzahl der Kinder die Schule nicht beenden und ohne Schulabschluss sieht die Zukunft düster aus. Sie können diesen ewigen Kreislauf den Generationen vor ihnen beschritten, ohne Hilfe, nicht durchbrechen.
Helfen wir ihnen dabei, die die es können, mit relativ geringem Aufwand, durch Bildung, einen Beruf zu ergreifen und damit ihre Familien zu ernähren. Auch vermitteln wir diesen Kindern das Wissen, was Sie an die spätere Generation weitergeben und der gesellschaftliche Fortschritt um diese Region keinen Bogen mehr macht.
Schon im März vergangenen Jahres habe ich mit Verantwortlichen der Verwaltungsregion Kigwe, den Lehrern und den Familie Mshana beraten, wie wir die Hilfe gezielt weiterführen. Ich habe mit Anne Mshana einen ganzen Tag lang Waisenkinder der Region besucht, mich mit Angehörigen unterhalten und mir ein Bild über Situation der Waisen gemacht. Wir haben teilweise erschütternde Schicksale erfahren, die mich sehr betroffen und nachdenklich gemacht haben.