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Meine Zeit in Nambala – Reisebericht von Saskia

Alinde, ihre Mutter und ich

Seit knapp zwei Wochen bin ich nun in Tansania und habe schon die schönen, aber auch die erschreckend armen Seiten des Landes zu sehen bekommen. Tamari (Barakas Frau), Gudila (Sozialarbeiterin und Kollegin Barakas), ihr Ehemann und Nehemia (Cousin Barakas) haben mich am Flughafen abgeholt und mir in den folgenden Tagen die Gegend gezeigt und ihre Arbeit näher gebracht. Ich bin  die nächsten drei Monate bei Anna und Patrick Mshana untergebracht. Wer diese Familie kennt, weiß um ihre unwahrscheinliche Gastfreundschaft. Generell sind die meisten Menschen hier sehr gastfreundlich. Da macht es auch nichts aus, wenn man zum Osteressen unbekannter Verwandter  oder zur Taufe noch unbekannterer Kinder eingeladen wird.

Da ich während der Osterferien gekommen bin, wird sich meine Arbeit auf Ende April verschieben. Baraka und Nehemia haben mit mir in den letzten Tagen die Familien der Kinder besucht, die durch ihre Arbeit und mithilfe der Naturfreund/inn/e/n unterstützt werden. Wir besuchten unter anderem die Familie Gisanga. Da gerade Regenzeit herrscht, war  der Weg zu ihrem Haus etwas abenteuerlich. Man fährt zunächst mit dem Motorradtaxi (Boda Boda) eine vom Regen aufgeweichte „Straße“ entlang, läuft kilometerweit durch Maisfelder, durchquert einen Fluss, bis in den unendlichen Weiten das Grundstück der Familie Kisanga erscheint. Durch Spendengelder konnte der Familie ein neues Haus gebaut werden. Noch befindet sich das Haus sehr im Rohbau. Ich hoffe aber, dass sie sehr bald dort einziehen können.  Jorna, der Sohn der Familie, ist durch seine körperliche Behinderung stark eingeschränkt. Die raue Umgebung seiner Heimat ist wohl alles andere als „barrierefrei“, jedoch hat er Mittel und Wege gefunden, sich dieser anzupassen.

Haus der Familie Kisanga

Durch das Rehabilitationszentrum in Usa River bekam er die Möglichkeit eine Ausbildung zum Schuhmacher zu absolvieren. Trotz einer abgeschlossenen Ausbildung bleiben ihm in einem Land wie Tansania die Türen zu einem Arbeitsleben und der Chance eigenes Geld zu verdienen, verschlossen. Weiterhin traf die Familie ein schwerer Schicksalsschlag durch den tragischen Unfall des jüngsten Enkelkindes. Es ertrank im an das Grundstück grenzenden Fluss, der sich in der Regenzeit zu einem teilweise reißenden Strom entwickeln kann. Die Beerdigung fand vor drei Wochen in Anwesenheit hunderter Trauender statt. Der Verlust des Kindes ist natürlich noch nicht überwunden. Ich habe stundenlang darüber nachgedacht, aber es scheint nur sehr schwer vorstellbar, was diese Leute durchmachen müssen.
Diese Familie ist nur ein Beispiel für das Leid, das in einem Land wie Tansania nicht unüblich ist. Baraka besuchte mit mir noch zahlreiche  Kinder, die ohne Vater aufwuchsen, da sie für ein „behindertes“ Kind nicht verantwortlich sein wollen. Kinder, die von ihren Müttern im Stich gelassen werden, da ihre neuen Ehemänner keine „fremden“ Kinder akzeptieren. Kinder, deren Familien so arm sind, dass sie auf engstem Raum mit mindestens fünf anderen Familienmitgliedern ausharren müssen und keinerlei Privatsphäre haben. Und überhaupt: Es gibt so unwahrscheinlich viele Kinder in diesem Land. Egal, in welche Gegend wir kommen, man wird immer von einer Schar Kinder begleitet.
Nach all den Familienbesuchen wurde mir ein Stück bewusster, wie notwendig die Arbeit von Baraka und Gudila hier ist.

Primary School in Nambala

Meine Arbeit soll Ende April beginnen. Wir haben in den letzten Tagen mit den Schulleiterinnen der Grundschulen in Nambala und Nganana gesprochen. Ich werde mit den Kindern dort jeweils eine Woche lang täglich nach der Schule theaterpädagogisch arbeiten. Dabei werde ich mich an den Themen orientieren, die Gudila mit den Kindern bearbeitet. Dazu gehört beispielsweise die Vermittlung sogenannter life skills. Diese schließen Kompetenzen ein, die für das Leben in einer Gemeinschaft sowie den Umgang mit Problemen und Stresssituationen von Bedeutung sind. Neben der theaterpädagogischen Arbeit in den Schulen werde ich auch im Kindergarten tätig sein.

Nehemia im Schulgarten in Nambala

Unter der seit 2015 bestehenden Regierung unter Präsident John Magufuli wurden auch die Schulcurricular reformiert. Demnach dürfen Lehrende nicht mehr als eine Klasse betreuen und die Spielpädagogik soll den rein inputorientierten Unterricht der Vorschule ablösen. Diese Reform findet jedoch bisher ohne entsprechende Schulung des Lehrpersonals statt. Somit werde ich mich daran versuchen den Kindern des Kindergarten- und Vorschulalters spielendes Lernen zu vermitteln und die Lehrenden entsprechend anzuleiten.
Ob und wie sehr mir all diese Vorhaben gelingen werden, ist noch ungewiss. In den nächsten Tagen werde ich mich an die Vorbereitung der Theaterworkshops machen und versuchen, mich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Aber es kommt sicher eh alles anders, als man denkt…

Bis bald!

Eure Saskia


Ausmalen

24. April bis 07. Mai 2017

Ich bin nun fast einen Monat in Tansania und mittlerweile habe ich auch meine ersten Erfahrungen mit dem tansanischen Schulsystem gemacht. In den ersten Tagen war ich an der Nursery School in Nambala. Ester, die Vorschullehrerin, ist seit Januar allein mit 84 Kindern. Ihre Kollegin wurde an eine andere Schule verwiesen und die Vertretung ist seit mehreren Monaten krank.
Dass sie aber trotzdem einen Haufen von 84 Minimenschen voll unter Kontrolle hat, ist wahrscheinlich allein dem tansanischen Erziehungsstil zu verdanken. Respekt vor Autoritätspersonen scheint hier einen sehr viel höheren Stellenwert zu haben. Dieses Erziehungsverständnis kann jedoch auch zur Herausforderung werden, wie ich in mittlerweile täglich feststelle.

In der Nursery School bin ich hauptsächlich dafür verantwortlich mit einer kleinen Gruppe von Kindern zu malen und zu basteln. Das hört sich zunächst sehr einfach an, war aber nicht ganz unproblematisch. Auf die Bitte hin zu malen, was ihnen gerade in den Sinn kommt, blieben die Blätter leer. Erst durch genauere Instruktionen fingen sie an, Stift oder Pinsel in die Hand zu nehmen und sich auszuprobieren.
Nach und nach füllten sich die Blätter. Besonders die Wassermalfarben haben es den Kindern angetan.
Ich werde versuchen in den nächsten Tagen noch ein paar Pinsel aufzutreiben, damit sich nicht vier Kindern einen Pinsel teilen müssen. Ester bat mich außerdem mit den Kindern ein fünf Meter langes Ausmalbild auszumalen, da sie verständlicherweise im normalen Schulalltag nicht dazu kommt. Diese Woche konnten wir es beenden. Jetzt muss nur noch ein ehrwürdiger Platz für das Kunstwerk gefunden werden.

Draussen spielen

Letzten Mittwoch fand kein Unterricht statt, da die Kinder aller staatlichen Schulen in Tansania geimpft wurden. Nehemia und ich haben bei der Gelegenheit sämtliches Spielzeug aus den dunklen Ecken der Schule hervorgeholt und unter die Kinder gebracht. Es bleibt zu hoffen, dass Spielzeug auch weiterhin genutzt wird.

Seit dieser Woche bin ich auch in der Secondary School in Kikwe tätig und arbeite mit den Schülerinnen und Schülern dort an verschiedenen Life Skills. Nachmittags gebe ich einen theater-pädagogischen Workshop zum Thema Selbstbewusstsein.
Viele von ihnen haben im Schulalltag ein sehr geringes Selbstbewusstsein, das nicht zuletzt durch den im Unterricht noch immer gebräuchlichen Schlagstock herrührt oder durch die unsinnige Regelung in der Secondary School in englischer Sprache zu unterrichten, wobei nicht einmal die Hälfte der Schülerinnen und Schüler in der Lage ist ausreichend Englisch zu verstehen oder zu sprechen.

Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern habe ich Eigenschaften erarbeitet, die einer selbstbewussten und einer nicht selbstbewussten Person zugeschrieben werden können.
Mittels verschiedener Theaterübungen sollen sie  nach und nach eine selbstbewusstere Präsenz bekommen und lernen, in komplizierten Situationen ihr Selbstbewusstsein zu bewahren. Sie scheinen sehr dankbar für meine für tansanische Verhältnisse unkonventionelle Art und ich genieße trotz aller Komplikationen und Barrieren die Arbeit mit ihnen.

Wochenendunterhaltung

Für ausreichend Wochenendunterhaltung sorgen Baraka und Nehemia. Letztes Wochenende ging es in den Kilimanjaro Nationalpark. Da es das komplette Wochenende regnete, hatten wir fast den ganzen Nationalpark für uns. Wir begegneten nur ein paar Hardlinern, die gerade auf der Rückkehr von der Spitze des Kilimanjaro kamen. Ein bisschen kribbelte es mir auch in den Füßen bis ganz hoch zu laufen. Aber vielleicht ein anderes Mal, wenn nicht gerade Regenzeit herrscht.

Schulweg Nursery School

 

Bis Ende Mai werde ich noch in der Nursery School und der Secondary School arbeiten. Ab dem 3. Juni gehen die Kinder in die Ferien. Wir haben überlegt, eine Art Ferienangebot für die Kinder zu erarbeiten. Außerdem werde ich etwas Zeit haben, um mehr von Tansania zu sehen.

Bis bald!

Eure Saskia


08. bis 21. Mai 2017

Fallschirmspiele

In den letzten Wochen war ich morgens in der Nambala Nursery School und nach einer Mittagspause bei den Mshanas in der Secondary School in Kikwe. Ich bilde mir ein, langsam straffere Beine zu bekommen, da ich am Tag ungefähr 11 Kilometer laufe. In Nambala habe ich mit den Watoto (Kindern) den Fallschirm ausprobiert und verschiedene Fallschirmspiele mit ihnen gespielt. Sie waren sehr begeistert und wenn es nächste Woche ausgerechnet vormittags mal nicht regnen sollte, probiere ich mit ihnen noch weitere Spiele aus. Als Schlechtwettervariante habe ich mit den Kindern gefaltet. Für viele war es das erste Mal und etwas mühselig, aber vom Arbeitsergebnis waren sie dann doch sehr angetan.

Mit den Schüerinnen und Schülern in Kikwe habe ich weiter am Decision-Making gearbeitet. Es ist nicht ganz einfach eine Klasse von Schülerinnen und Schülern zu unterrichten, die der englischen Sprache nur bedingt mächtig sind, nur Frontalunterricht kennen und deren eigene Meinung in der Schule eher Schule nur selten gefragt ist. Wenn dann die Mzungo (Weiße) mit ihren europäischen Unterrichtsmethoden kommt, kann das etwas überfordernd sein.  Mit der Zeit sind sie dann noch etwas aufgetaut und fingen an sich aktiv am Unterricht zu beteiligen. Offener, lauter, lustiger und kreativer hingegen ging es in meinem Theaterpädagogik-Workshop zu. Die Mädchen und Jungen hatten hier die Gelegenheit sich kreativ auszuprobieren und auch einfach mal Blödsinn zu machen. Die Schülerinnen und Schüler, die ich als sehr schüchtern im Unterricht wahrgenommen habe, sind in den letzten drei Wochen extrovertierter geworden und haben Spaß daran gefunden, sich zu präsentieren.  Am Ende unseres Workshops sollten wir eine Art Präsentation für die ganze Schule vorbereiten, die eher zu einer Improvisation wurde. Dem Lehrpersonal und Mitschülerinnen und Mitschülern schien es aber gefallen zu haben.

Vergangene Woche haben Gudila und ich den 60 Mädchen aus dem Hostel den Umgang mit Hygieneartikeln während der Menstruation näher gebracht. Die Menstruation ist hier immer noch ein eher unausgesprochenes Thema. Mädchen und Frauen benutzen häufig alte, unhygienische Textilien, weil sie es entweder nicht besser wissen oder sich keine Binden oder Tampons leisten können. Die Erziehung in solchen Dinge ist eigentlich auch Aufgabe der Schule und sogar im Lernplan festgeschrieben. Aber wie so oft in Tansania korrelieren Vorschrift und Umsetzung nicht unbedingt miteinander. Lehrenden, vor allem den männlichen ist es unangenehm darüber zu sprechen und auch innerhalb der Familien wird die Mensis eher tabuisiert.
Gudilas Arbeit ist es, dieses Thema zu entmystifizieren, die Periode als etwas Normales anzusehen, dass die Hälfte aller Menschen hat, hatte oder haben wird und Alternativen zu verdreckten Textilien anzubieten.

Am vergangenen Montag bekam die Primary School in Nambala auch ihren ersten Kopierer. Das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium Weferlingen (Sachsen Anhalt) hatte in einer Spendenaktion 1500 Euro gesammelt. Die erste Seite wurde feierlich im Beisein vieler wichtiger Menschen der Umgebung und des District Commissioners kopiert, einem offenbar sehr wichtigen Menschen, da er geschlagene drei Stunden zu spät kam.
Anscheinend war allen Leuten klar, dass 8.00 Uhr nicht ganz hinhauen wird. Nur die deutsche Kartoffel war fünf Minuten vor der Zeit da. Selbst Schuld. Ich werde mir diese Pünktlichkeit schon noch abgewöhnen.

Auch die Wochenenden waren wieder gut gefüllt. Ich durfte mich unter die Gäste einer afrikanischen Großhochzeit mit Liveübertragung von der Tanzfläche mischen. Dafür habe ich mir extra sogar ein Kleid gekauft, mit dem ich jetzt aber nichts mehr so recht anzufangen weiß. Außerdem waren Nehemia und ich in den Pare Mountains, der Heimat des Volkes der Pare und damit der Familie Mshana. Wir haben eine sehr sehr sehr ausgedehnte Wanderung durch die abgelegenen Bergdörfer unternommen mit traumhaften Ausblicken und noch unberührter Natur.
In der kommenden Woche werde ich mit einem neuen Projekt starten. Ich will mit den Kindern der Primary School kleine Federtaschen nähen. Da ich von den Naturfreunden Dresden eine kleine Summe Geld mit bekommen habe, konnte ich Stoffe, Nadeln und Garn kaufen. Die Ergebnisse kann ich dann hoffentlich im nächsten Bericht zeigen.

Bis bald! Kwaheri!
Eure Saskia


22. Mai bis 4. Juni 2017

Mittlerweile sind die großen Ferien angebrochen. Am Ende und in der Mitte jedes Schuljahres werden in ganz Tansania Prüfungen geschrieben. Obwohl gar nicht so viel geschrieben wird, da es sich meist um Multiple-Choice-Aufgaben handelt. „Na wie kompetenzorientiert das wohl ist?“ wird sich da die Bildungswissenschaftlerin fragen. Aber dieses Wort, das einem in Deutschland immer und überall um die Ohren fliegt, ist hier noch nicht einmal erfunden.  Jedenfalls habe ich vergangene Woche meine Arbeit an der Sekundarschule in Kikwe beenden müssen, da ich nach den Ferien schon im südafrikanischen Winterurlaub sein werde. An meinem letzten Tag in Kikwe habe ich mit dem stellvertretenden Schulleiter Julius Sindato und der Lehrerin Grace das Projekt „Ein Wäscheplatz für das Mädchen-hostel“ ins Leben gerufen. Die etwa 90 Mädchen, die in beiden Hostels leben, haben zu wenig Platz, um ihre Wäsche adäquat zu trocknen. Entweder wird sie in die Bäume gehängt oder ins Gras gelegt. Da die Schule derzeit kein Geld für den Bau eines Wäscheplatzes hat, die Lehrenden und die Mädchen aber daran interessiert sind, haben wir beschlossen bis Ende September monatlich 1000 Schilling von den Mädchen einzusammeln. Das entspricht ungefähr 40 Cent.  Nach drei Monaten sollte so viel Geld zusammen gekommen sein, dass Metallstangen und Wäscheleinen gekauft werden können. Julius und Grace werden alles in die Wege leiten, damit  im Oktober der Wäscheplatz steht.

Wie viele Kinder passen wohl unter einem Fallschirm?

 

Nicht geritten, nicht gegangen, nicht gefahren

 

Große Freude mit selbst hergestellten Taschen für Stifte

 

In der vergangenen Woche war ich wieder in der Nursery School. Ester und ich haben mit 84 Kindern Boote gefaltet und weitere Fallschirmspiele ausprobiert. Die Kinder sind völlig ausgeflippt, ausgerastet, sowohl durch-, ab- als auch freigedreht beim spielen mit dem Fallschirm. Wer auch immer auf die Idee kam einen Fallschirm als Spielzeug zu benutzen, hat alles richtig gemacht.
In der Primary School in Nambala habe ich in den letzten beiden Wochen ein Nähprojekt initiiert. Jedes Kind hat sich ein Beutelchen genäht, in das es seine Schreibutensilien für die Schule stecken kann. Oft wurde ich von den Kindern gefragt, ob ich ihnen einen Stift leihen kann, da sie ihren verloren hatten.
Vielleicht werden sie ja in Zukunft besser darauf achten. Die Watoto (Kinder) waren jedenfalls ganz stolz, dass sie innerhalb einer Stunde etwas praktisches genäht haben.
Vergangene Woche haben wir Baraka, Gudila, Naka und Sia zum Frachkräfteaustausch nach Deutschland entlassen. Ich hoffe, sie werden dort viele tolle Erfahrungen machen und neuen Input bekommen, den sie vielleicht hier auch umsetzen können.

Baraka und Gudila brechen nach Deutschland auf

 

Da die Schulen mit den Examen beschäftigt waren, haben Nehemia und ich begonnen, einige der Familien zu besuchen, die durch Fri-Sucode unterstützt werden. Sinn der Sache ist, zu erörtern, wo die Familien gerade stehen und wo vor allem die Kinder und Jugendlichen Unterstützung benötigen. Am Freitag waren wir in Moshi , um mit Shabani Juma und Prince Felix  zwei unserer  jungen Studenten zu besuchen, die dort studieren. Ohne die die finanzielle Hilfe durch Fri-Sucode hätten sie vielleicht nicht einmal die Grundschule durchgehend besuchen können. Aber diese Jungs haben sogar die Secondary School beendet, was bei dem tansanischen Bildungssystem schon wirklich eine Leistung ist. In ein paar Jahren werden sie dann auch ihr Studium hoffentlich mit einem Bachelortitel abschließen. Somit habe beide Jungs gute Voraussetzungen, um auch eine Arbeitsstelle zu bekommen. Bei Aisha Ramadhani sieht es dagegen nicht so günstig aus. Nach Abschluss der Secondary School hat sie bisher keine anschließende Ausbildung antreten können. Ihre berufliche Perspektive ist derzeit ziemlich ungewiss.

Hausbesuch bei Aisha Ramadhani in Nambala

 

Im Gespräch mit Prince Felix

 

In der kommenden Woche werde ich einen Life-Skills-Workshop für die Schülerinnen und Schüler anbieten,  die durch Fri-Sucode unterstützt werden und dieses Jahr die Seconday School beenden werden oder sie bereits beendet, aber noch keine Ausbildungsstelle bekommen haben. Außerdem werden wir weitere Hausbesuche durchführen. Immerhin werden über 100 Familien unterstützt. Und dann beginnt auch schon für mich die Urlaubssaison. Ich werde mit Beryl und Alwina, zwei Freiwillige aus Usa River an den Lake Victoria fahren, mit Nehemia die Küstenregion Tansanias besuchen und noch einmal in die Pare Mountains wandern gehen. Dieses Fleckchen Erde hat es mir besonders angetan.

Bis bald!
Eure Saskia


Mein letzter Bericht: 29.05 bis 02.07.2017

Simon und Mariamu

Kaum habe ich begonnen, etwas Routine in meinen tansanischen Alltag zu bekommen, zu verstehen wie die Menschen hier leben, denken und handeln, da muss ich auch schon wieder das Land verlassen. In den letzten Wochen haben Nehemia und ich viele Hausbesuche durchgeführt und ich habe einen Eindruck davon bekommen, wie die Familien hier leben und dass die Unterstützung durch FRI_SUCODE sehr wichtig ist. Häufig wurden wir von Godlove begleitet, einem Freund der Mshanas und ehemaliger Schützling des Vereins, der Nambala wie die Tasche seiner Kunstfelljacke kennt. Während der Hausbesuche haben wir vor allem mit den Schülerinnen und Schülern über ihre Zukunftspläne gesprochen und wie der Verein bei der Erreichung ihrer Ziele helfen kann. Erschreckend, aber auch nicht ganz unbegreiflich ist, dass viele keine Vorstellungen von ihrer Zukunft haben, was nicht zuletzt den fehlenden Perspektiven und einer eher geringen Auswahl an Berufen geschuldet ist.

Nähen an der Grundschule Nambala

Diese Perspektivlosigkeit der Schülerinnen und Schüler habe ich in meinem Life-Skills-Workshop zum Thema „Zukunftspläne“ besonders zu spüren bekommen. Dieser Workshop war an Schülerinnen und Schüler gerichtet, die durch FRI_SUCODE unterstützt werden und bald die Secondary School absolvieren oder die Schule bereits abgeschlossen, aber noch keine Beschäftigung gefunden haben. Im Wesentlichen sollte der Workshop als Unterstützung zur Zukunftsplanung dienen, wie sie ihre Ziele realisieren und welche Probleme ihnen begegnen können. Jedoch hatten sie nur sehr vage Vorstellungen von ihrer Zukunftsgestaltung und die Auseinandersetzung mit diesem Thema war einfach überfordernd. Die fehlenden Zukunftsperspektiven der Schülerinnen und Schüler beschäftigen auch Baraka seit langem. Deshalb entstand die Idee mit ihnen explizit zu erörtern, wo ihre Stärken liegen, wie ihnen die dafür benötigten Kompetenzen zu vermittelt werden können, um später eigenes Geld verdienen zu können. Eine Möglichkeit wäre, eine Potentialanalyse zu entwickeln, die auf tansanische Verhältnisse angepasst ist, um somit die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler identifizieren zu können und sie ein Stück weit bei der Berufswahl zu unterstützen.

Bismarck Rocks

Da die großen Ferien anstanden und die Kinder der Grundschule in Nambala anwesend sein mussten, aber kein Unterricht erfolgte, beschloss ich mit ihnen zu nähen. Mir ist oft aufgefallen, dass die Kinder keine Stifte mit in die Schule nehmen und keinen Ort haben, an dem sie sie aufbewahren. Also zog ich mit Gudila los, um Stoff, Nadeln und Garn zu kaufen. Mit den Kindern der Klassenstufe 3 bis 7 habe ich dann kleine Taschen für ihre Schreibwaren genäht. Nebenbei konnte ich noch meinen Wortschatz in Suaheli und ihren Wortschatz in Englisch erweitern. Nach gerade mal einmal 90 Minuten haben sie wunderschöne Täschchen genäht, die stolz ihren Freunden präsentieren konnten.
Nach vielen Hausbesuchen, 50 handgenähten Federtaschen und einem ziemlich desaströsen Workshop ging es erst einmal mit der Reisezeit weiter. Mit Beryl und Alwina bin ich nach Mwanza an den Lake Victoria gereist. Meine Vorstellung vom Victoriasee war etwas romantischer als die Realität. Nach dreizehnstündiger Dauerbeschallung mit den trashigsten Hits der letzten Jahrzehnte, dem Gedudel abgehalfterter Country-Sänger und sämtlicher afrikanischer Popsänger mit computerverzerrten Stimmen sind wir endlich in Mwanza angekommen. Sie ist die zweitgrößte Stadt Tansanias und verfügt über recht viele Hotels, wobei sie touristisch eher nichts zu bieten hat. Man kann an diesem Ort so ziemlich gar nichts machen außer den Sonnenuntergang am Bismarck Rock anzuschauen und sich am All-you-can-eat-Buffet des Malaika Beach Resorts des Bauch voll schlagen und anschließend ein paar Runden im Infinity Pool zu schwimmen. Aber mit den richtigen Leuten wird sogar Mwanza zum Ferienparadies. Direkt nach der Reise in den Westen des Landes, ging es in die Küstenregion nach Tanga zu Nehemias Eltern und wieder in die Pare-Berge zum wandern. So konnte ich einen Teil dieses sehr unterschiedlichen Landes kennen- und lieben, das Busfahren aber hassen lernen.

Gespräch über meine Arbeit

Nachdem ich wieder in Nambala eingetroffen bin, musste ich auch fast schon meine Sachen packen, denn mir blieben nur noch zwei Wochen. Wir führten unsere Hausbesuche weiter, ich habe gelernt, wie man Doppelkopf spielt und Pilau gekocht und es kam Besuch aus Deutschland. Frank, Martin und Annette aus Crimmitschau kamen für eine Woche und haben vor allem am Kisanga-Haus angepackt. An meinem letzten Abend in Nambala kamen noch einmal alle wichtigen Personen zusammen.

Lagerfeuerromantik

Baraka und Patrick haben eine Feuerstelle im Garten eingerichtet über der wir gekocht und um die wir später gemütlich gesessen haben. Das war pure tansanische Lagerfeuerromantik oder um es mit Patricks Worten zu sagen: This was heaven! Am 2.7 bin ich dann nach Dar Es Salaam aufgebrochen, um mein Flugzeug nach Südafrika zu bekommen.

Tansania war schön, erschreckend und lehrreich zugleich. Schön durch die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen, die große Handlungsfreiheit, die ich hatte und die Wertschätzung, die ich für meine Arbeit bekam.

Anne, Patrick und Saskia

Erschreckend, weil die Weltanschauung, das Denken und Handeln vieler Menschen so veraltet und festgefahren sind, dass man nicht glaubt, im 21. Jahrhundert zu sein. Erschreckend aber auch, weil ich das Leid, die Armut und die Umweltverschmutzung nicht mehr als erschreckend empfand. Seitdem ich von der Existenz Afrikas weiß, weiß ich auch, dass dieser Kontinent unmittelbar mit Armut und Krieg verbunden ist. Und mit diesem Wissen aufzuwachsen ließ mich abstumpfen und das Leid der Menschen als Normalität ansehen.
Lehrreich, weil ich kultursensibler und bescheidener geworden bin und den Weltverbesserer in mir geweckt habe.
Ich hoffe, dass ich meinen Schülerinnen und Schülern dabei helfen konnte, ein Stück weit ihre Individualität zu entdecken sowie selbstbestimmter und selbstbewusster Entscheidungen zu treffen und zu handeln.
Ich werde auf jeden Fall wieder kommen und- so gut es geht- das Projekt aus Deutschland weiter unterstützen. Ich habe neue Freunde gefunden, die ich hoffentlich noch oft wiedersehen und mit denen ich viel erleben werde.

Bis dahin!
Karibu tena Tanzania!

Eure Saskia